Bunte Malpinsel stehen in Bechern auf einem Tisch im Malraum in Rimbach

DB, RIMBACH. Ausdrucksmalen nach Laurence Fotheringham verbindet freies Malen und kreative Selbsterfahrung. Dabei geht um den Prozess des Malens und die eigene innere Erfahrung, nicht um das Endergebnis. Das Ausdrucksmalen findet zweimal monatlich im “Malraum” in Rimbach statt. In einen geschützten Raum und einer kleinen Gruppe mit maximal vier Teilnehmenden 

kann die Malbegleiterin Martina Etzdorf den Malprozess sensibel und wertschätzend unterstützen. Es werden Farben verwendet, die sich durch eine hohe Leuchtkraft auszeichnen. Auch hochwertiges Papier konnte zur Verfügung gestellt werden. Das ist sehr wichtig, denn beim Ausdrucksmalen soll Möglichkeit bestehen, vorhandenes immer wieder neu zu übermalen. Dadurch wird ein Malprozess gefördert, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Gefühlen durch Farben und Formen freien Lauf lassen können.

Martina Etzdorf im Porträt ist vor Malwand fotografiert

NEUE PERSPEKTIVEN ENTDECKEN

Es wird kein Thema vorgegeben. Jeder respektiert den Freiraum des anderen. Die Teilnehmer: innen können sich so zeigen wie sie sind und was sie aktuell im Alltag beschäftigt. Dies beinhaltet auch das Gespräch über biografische Inhalte, wenn diese sich im Malprozess zeigen.

Das Angebot richtet sich an psychisch kranke erwachsene Menschen, die das Betreute Wohnen, die Tagesstätte oder die PSKB (Psychosoziale Kontakt-und Beratungsstelle) des “Diakonischen Werkes Bergstraße” in Anspruch nehmen. Die Teilnehmer: innen haben im Malatelier die Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken, ohne Bewertung und Leistungsdruck. Beim Ausdrucksmalen werden die Kreativität gefördert sowie die Fähigkeit, Krisensituationen zu bewältigen und zu verarbeiten. Während des Malprozesses werden innere Blockaden gelöst und neue Perspektiven eröffnet.

Im Rahmen des Ausdrucksmalens können nicht bewältigte Belastungssituationen angesprochen und aufgearbeitet werden. Über einen längeren Malprozess hinweg von inzwischen drei Jahren regelmäßiger Teilnahme (das Angebot besteht in dieser Form seit 2020) hatten die Teilnehmer: innen die Möglichkeit, einen konstruktiveren Umgang mit Krisen und eine selbständigere Bewältigung von belastenden Alltagssituationen zu lernen und schrittweise mehr Selbstvertrauen zu gewinnen.

EINEN RÜCKZUGSORT FÜR DIE SEELE FINDEN

Teilnehmerinnen und Teilnehmer über ihre Erfahrung mit dem Ausdrucksmalen:

„Im Ausdrucksmalen kann ich mich entspannen. Es ist ein „Rückzugsort für die Seele“ für mich. Manchmal ist es auch aufwühlend und macht mich im Nachhinein nachdenklich. Insgesamt empfinde ich es als Bereicherung, da beim gemeinsamen Betrachten des Bildes mit Frau Etzdorf mehr “Inhalt“ zum Vorschein kommt, als ich zunächst erwartet habe. Es ist immer interessant, sich über das Bild auszutauschen, da sich verschiedene Sichtweisen zeigen. Ich freue mich auf die Termine und bin froh, dass ich so mutig war, mich auf etwas Neues einzulassen.“

„Ich gehe mit einem guten Gefühl nach Hause, ich habe etwas für mich getan und habe mich entspannt. Es hilft mir, mit meiner Sozialphobie mehr in die Normalität zu kommen und mit Leuten klar zu kommen. Ich gehe mit einem besseren Gefühl nach Hause als ich gekommen bin. Ich fühle mich nicht wie ein Ausstellungsstück, weil ich nicht bewertet werde.“

„Mir bringt das etwas, weil ich nicht alleine bin mit meinen Sorgen. Ich kann hier für einen Vormittag lang den Alltag vergessen und mich entspannen.“

„Auch, wenn ich aufgrund meiner Erkrankung oft nicht kommen kann, schöpfe ich viel Kraft aus den Terminen und bin sehr dankbar, dass ich dieses Angebot in Anspruch nehmen kann.“

Das Ausdrucksmalen ist ein wertvolles Angebot für psychisch kranke Erwachsene, das ihnen die Möglichkeit gibt, sich kreativ auszudrücken, ihre Herausforderungen zu bewältigen und neue Ressourcen zu entdecken. Es schafft einen Raum der Achtsamkeit, in dem sie sich selbst besser kennenlernen und ihre innere Stärke finden können.

 

Quelle: KM, 28.06.2023
Foto: KM