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„Mit Jugendberufshilfe zu mehr Chancengerechtigkeit“

Veranstaltung der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen bei der Berufshilfe Hephata in Schwalmstadt I Diskussion mit Expert:innen und Landtagspolitiker:innen zur Zukunft der Jugendberufshilfe

Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V., WIESBADEN. „Ich bin froh, hier in der Holzwerkstatt einen Ausbildungsplatz bekommen zu haben, nächstes Jahr mache ich meine Abschlussprüfung zum Tischler.“ Das sagt Leon (21 Jahre) nicht ganz ohne Stolz. So wie er nutzen jährlich bis zu 700 junge Menschen die Angebote der Berufshilfe Hephata in Schwalmstadt. Deren Mitarbeitende helfen bei Berufsvorbereitung, Ausbildung, Qualifizierung, Beschäftigung und Vermittlung von Klient:innen, die auf dem so genannten ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt wenig Chancen hätten. „Über 2.000 Schüler:innen in Hessen sind im Zeitraum März 2020 bis Februar 2021 den Staatlichen Schulämtern als «abgetaucht» gemeldet worden. Dazu kommen mehr als 3.000 Jugendliche, die 2021 die Schule ohne Abschluss verlassen haben. Hier besteht die sehr reale Gefahr, dass sie direkt in Arbeitslosigkeit und Armut abrutschen. Wir können Lebenswege positiv begleiten durch flächendeckende aufsuchende Jugendsozialarbeit und niedrigschwellige Beratung, wie das hier bei der Hephata geschieht. Dabei gilt: Nicht die Jugendlichen müssen zu den Angeboten passen, sondern die Angebote passen sich den Bedarfen der Jugendlichen an“, so Jörg Klärner, Vorsitzender des Liga-Arbeitskreises „Grundsatz und Sozialpolitik“, der zu der Veranstaltung in Schwalmstadt eingeladen hat.

Bei einer Führung durch die Werkstätten der Hephata Berufshilfe durch die Auszubildenden selbst konnten sich die Gäste ein authentisches Bild der Arbeit und des vielseitigen Angebotes machen. Im Anschluss diskutierten Expert:innen aus der Jugendberufshilfe mit den arbeitsmarktpolitischen Sprecher:innen der Landtagsfraktionen darüber, was beim Übergang von Schule zu Beruf systematisch, langfristig und hinsichtlich regionaler Spezifika zu bedenken wäre. Wie fangen wir die Jugendlichen auf, was brauchen sie, um erfolgreich ins Ausbildungs- und Berufsleben zu starten? Moderiert wurde die Runde von Peter Hanack, Journalist der Frankfurter Rundschau. „Produktionsschulen gehören hier zu den wichtigsten Institutionen, um benachteiligte Jugendliche zu erreichen“, stellt Dr. Melanie Hartmann, Sprecherin der Liga-Fachgruppe „Arbeitsmarktpolitik“, fest. „Sie schaffen eine sinnvolle Verbindung von theoretischem und praktischem Lernen. Wir brauchen hier eine Landesförderung für diese Schulen, die sich an den Kriterien des Bundesverbandes ausrichtet. Sie muss nachhaltig, institutionell und rechtskreisübergreifend orientiert sein. Investiert werden muss auch in das Personal, damit wir dem besonderen (Sprach-) Förderbedarf von Jugendlichen mit Migrations- und Fluchtbiografien oder von jungen Menschen mit Beein-trächtigungen gerecht werden können.“ Das Regelschulsystem schaffe es häufig nicht, insbesondere Schüler:innen mit benachteiligenden Startchancen die notwendigen Kompetenzen für eine Ausbildung zu vermitteln. Hier wäre es wichtig, berufsfeldnahe Praktika in allen Schulformen auszubauen und die Berufsvorbereitung früh einzusetzen und auszubauen.

Hessen braucht eine starke Jugendberufshilfe. Sie eröffnet jungen Menschen eine längerfristige Lebens- und Berufsperspektive und ermöglicht ihnen so gesellschaftliche Teilhabe. Sie hat das Knowhow, professionelle Konzepte und Erfahrungen in der Beratung, Begleitung und Förderung sozial benachteiligter und individuell beeinträchtigter junger Menschen von der Schule in das Be-rufsleben. Hier sind Kommunen und Land in der Verantwortung, stärker in die Zukunft junger Menschen zu investieren. Wie das konkret aussehen und umgesetzt werden kann, dazu hat die Liga Hessen eine Kurzbroschüre „Mit Jugendberufshilfe zu mehr Chancengerechtigkeit“ veröffentlicht. Sie war Diskussionsgrundlage der Veranstaltung am 30. Juni bei Hephata in Schwalmstadt.

Quelle: Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V., 28.06.2023
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Ansprechpartner*innen

Jörg Klärner, Vorsitzender Liga-Arbeitskreis „Grundsatz und Sozialpolitik“
E-Mail: joerg.klaerner(at)dicv-limburg.de
Tel. 06431 / 997 102

Dr. Melanie Hartmann, Sprecherin Liga-Fachgruppe „Arbeitsmarktpolitik“
E-Mail: melanie.hartmann(at)diakonie-hessen.de
Tel. 069 / 7947 6272

Gunnar Richter, Berufshilfe – Bereichsleitung I Hephata Hessisches Diakoniezentrum e.V.
E-Mail: gunnar.richter(at)hephata.de
Tel. 06691 / 8067201


 

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. ist der Zusammenschluss der sechs hessischen Wohlfahrts-verbände. Sie vertritt die Interessen der hilfebedürftigen und benachteiligten Menschen gegenüber der Politik ebenso, wie die Interessen ihrer Mitgliedsverbände. Mit ca. 7.300 Einrichtungen und Diensten sind die Mitgliedsverbände ein bedeutender Faktor für die Menschen, für eine soziale Infrastruktur und für die Wirtschaft in Hessen. Nah an den Menschen und ihren Bedürfnissen wissen die rund 113.000 beruflich Beschäftigten und rund 160.000 ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen in Pflegeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Werkstätten, Tagesstätten, Bildungsstätten, Beratungsstellen, in den Frühförderstellen, ambulanten Diensten und anderen Einrichtungen um die sozialen Belange und die realen Rahmenbedingungen in Hessen. Diese Kenntnisse bringt die Liga in die politischen Gespräche auf Landes-ebene und mit Verhandlungspartnern und Kostenträgern ein.